Geistig fit bleiben: So hält man sein Gehirn auch im Alter jung!

Jeder wünscht sich, geistig möglichst lange leistungsfähig zu bleiben. Doch kann man den Alterungsprozess des Gehirns tatsächlich verlangsamen? Und wenn ja, wie gelingt das?

Viele von uns fragen sich ja gelegentlich mal, bin ich nur ein bisschen vergesslich oder schlägt hier wirklich schon das Alter zu? Das passiert jedem von uns, ab 60 Jahren allerdings ein bisschen häufiger. Doch wo liegt die Grenze zwischen normaler Zerstreutheit und einer möglichen neurologischen Veränderung? Gelegentlich einen Namen oder ein Datum zu vergessen, ist völlig normal und man sollte da nicht in Panik zur Selbstdiagnose einer Demenz kommen, sondern das sollte ein Anreiz sein, mal zum Neurologen zu gehen, denn wenn das Repetitive häufig vorkommt, ist das schon etwas, wo man sich sagen muss: da könnte man mal nachschauen, um mögliche Ursachen abzuklären.

Fakt ist (auch wenn ich immer wieder betone, dass unser Geist bis ins hohe Alter neuroplastisch ist): Mit dem Alter nimmt die neuronale Masse im Gehirn ab, heißt: ab dem 60. Lebensjahr schrumpft sie etwa alle fünf Jahre um ein Prozent. Das ist jetzt aber nicht so, dass wir, so wie ein Luftballon der Luft abgibt, langsam die komplette Spannung in unserem Oberstübchen verlieren. Es ist vielmehr so, dass ein Mensch nicht überall gleich viele Nervenzellen verliert. Besonders betroffen sind hierbei Stirn- und Schläfenlappen, zwei Regionen, die für Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnisprozesse entscheidend sind. Dies scheint so zu sein, weil dies die evolutiv jüngsten Gehirnareale sind, die beim Homo Sapiens am schnellsten hinzugewachsen sind im Vergleich zum Beispiel zu Schimpansen oder anderen nahe verwandten Tieren. Das erklärt, warum es älteren Menschen oft schwerer fällt, sich zu konzentrieren oder neue Informationen abzuspeichern und gilt auch und gerade für das Kurzzeitgedächtnis, von dem aus die Informationen zum Langzeitgedächtnis übergehen. Und genau hier sagen die Hirnforscher – und wenn man ehrlich ist, merkt man das im Alter selbst –, da  hapert es am ehesten: man ist leichter ablenkbar, kann Dinge schlechter planen, muss sich mehr GedankenANKER zur Erinnerungen setzen. Und das zeigt sich eben auch in der Gehirnstruktur.

Die Teilnehmer:innen am GEHIRN GENIAL LABOR möchten von mir häufig wissen: „Ab wann altert das Gehirn?“ Ich sage da immer „im Alter“, aber man muss im Sinne neurowissenschaftlicher Erkenntnisse im Grunde sagen, eigentlich setzt der Alterungsprozess bereits mit 25 Jahren ein, doch spürbare Veränderungen treten meist in zwei Stufen ausf. Die eine liegt zwischen 45 und 50 Jahren, die andere zwischen 60 und 65 Jahren, in denen die Alterstreppe nochmal besonders steil nach unten führt. Gerade 2024 gab es da Studienergebnisse, die das auch molekularbiologisch nochmals belegt haben. Doch bevor man jetzt fatalistisch den Kopf in den Sand steckt und sagt, „okay, da geht es eben steiler bergab, da kann man nichts machen“, sage ich: das ist genau die Lebensphase, in der man sich fragen muss, WAS KANN ICH DAGEGEN TUN?

Die Wissenschaft belegt, dass man bei der Ernährung viel tun kann. Ballaststoffe sind da ein wunderbares Stichwort. Und wie sieht es zwischen 60 und 65 mit meinem Freundeskreis aus? Bin ich noch gut vernetzt, sodass ich interessante Gespräche führen, auch mal Spaziergänge machen kann? Und bewege ich mich überhaupt noch ausreichend? Habe ich mich insbesondere auf den Ruhestand gut vorbereitet hinsichtlich der Aktivitäten ich dort noch machen möchte? Nehmen sie meine Person als Beispiel. Ich habe mich rund zweieinhalb Jahre auf den Ruhestand vorbereitet und in dieser Zeit meine Ziele für die Selbständigkeit als Trainer und Coach festgelegt. In Zusammenarbeit mit meinem Hausarzt – der übrigens auch Diabetologe ist, denn man muss ja im Alter stets auf alles vorbereitet sein und da ist ein Facharzt natürlich von Vorteil – habe ich in anderthalb Jahren etwa 30 Kilogramm abgespeckt. Und immer wenn die Leute gesagt haben: „Herr Sauer, geht es Ihnen gut? Sie sind doch hoffentlich nicht krank?“ habe ich gesagt, dass es mir in den letzten Jahrzehnten nie besser ging und das war nicht gelogen, denn Übergewicht erhöht beispielsweise das Demenzrisiko.

Fazit: Das Altern des Gehirns lässt sich nicht vollständig aufhalten, denn das Absterben von Nervenzellen und die hiermit verbundene Verringerung von Synapsen ist ein natürlicher Prozess. Ebenso können wir nicht alle Erkrankungen verhindern. Eine der gefürchtetsten ist ja die Alzheimer-Demenz, für die es bislang keine heilende Therapie gibt. Doch obwohl wir den Nervenzellenverlust nicht stoppen können, gibt es Strategien, um unsere geistige Widerstandskraft zu stärken. Eines meiner Seminare für Volkshochschulen ist „DAS GEDÄCHNIS GEZIELT VERBESSERN (durch gehirn-geniale Strategien“. Darin geht es darum, frühzeitig aktiv zu werben und zu bleiben, geistige Herausforderungen anzunehmen und neue Lernprozesse anzustoßen. So kann man diese Verluste teilweise ausgleichen. Denn je mehr Nervenzellen und Synapsen wir zusätzlich aufbauen, desto besser kann das Gehirn altersbedingten Abbauprozessen entgegenwirken. So schaffen wir eine Art „mentales Polster“, das uns hilft, möglichst lange geistig fit zu bleiben. Einfacher ausgedrückt: Wenn wir von einer größeren Anzahl von Nervenzellen ausgehen, heißt das bei gleichem Verlust, dass uns schlichtweg mehr Nervenzellen bleiben, als wir hätten, wenn wir nicht gegen diesen Altersabbau angearbeitet hätten.

Unser Geist ist ja ein riesiges Universum in unserem Kopf und jede einzelne Nervenzelle verknüpft sich über Synapsen mit Tausenden anderer. Je mehr dieser Zellen aktiv in Gehirncluster bzw. -netzwerke eingebunden sind, desto widerstandsfähiger bleibt unser Oberstübchen im Alter. Besonders im Hippocampus – der Gehirnregion, die für das Gedächtnis essenziell ist: dort wird die sogenannte adulte Neurogenese gefördert. und wir können diesen Prozess aktiv unterstützen, als da wären:

  1. Lernen und Neugierde bewahren
    • Lebenslanges Lernen hält das Gehirn flexibel und fördert neue Verknüpfungen.
    • Keine Angst vor Fehlern – der Lernprozess zählt!
    • Neue Herausforderungen annehmen, egal ob Sprachen, Musikinstrumente oder Denkspiele.
  2. Bewegung für die Gehirnzellen
    • Körperliche Aktivität fördert die Durchblutung und das Wachstum neuer Nervenzellen.
    • Ideal sind drei bis vier Mal pro Woche 30 bis 40 Minuten Bewegung – egal ob Spazierengehen, Gartenarbeit oder Tanzen.
  3. Soziale Kontakte und Sinnesgesundheit
    • Einsamkeit und Schwerhörigkeit begünstigen kognitive Erkrankungen.
    • Regelmäßige Treffen mit Familie und Freunden, Koch- oder Spieleabende können helfen.
    • Hör- und Sehhilfen rechtzeitig nutzen, um den geistigen Abbau zu verzögern.

Mit all den von mir erwähnten Maßnahmen kann die Gehirnalterung um mehrere Jahre optimiert werden – ein lohnender Einsatz für ein aktives und geistig gesundes Leben!

Geschrieben von Rainer W. Sauer und © 2025 für BRAIN.EVENTS / CBQ / CBQ blue

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